Der den Lesern dieses
Feuilletons als Autor bestens bekannte große Kleinteiltexter Matthias
Biskupek hat einen Vogel. Dessen Käfig hängt an der Decke seines
Rudolstädter Wohn-, Gast- und Küchenzimmers in solcher Sicht- und
Hörweite zu seinem Schreibstübchen, dass das kleine Tier seinem
Futtergeber quasi von oben herab zuschauen kann, wie dieser am guten
alten Dampfcomputer Worte findet, erfindet, ihnen auf den
wortwörtlichen Grund geht und sie dann zu meist sehr lesenswerten
Sätzen aneinanderfügt. Diese Nähe und gehobene Position nimmt man bei
einem Literaten natürlich nicht nur ein, dafür muss ein Dichtervogel
schon ein wenig mehr leisten als zu tschilpen wie jeder andere seiner
Gattung. Da baut sich ein Verhältnis auf, dem soziales Mitgefühl zu
eigen ist. Jedenfalls wissen wir dies nach der Lektüre des jüngsten,
schlappe 80 Seiten umfassenden Büchleins von Matthias Biskupek, der
sich in dieser Geschichte übrigens unterderhand als Pseudonym outet.
Wir erfahren, wie Vater Matthias ursprünglich seinen Kindern zuliebe
den Wellensittich Kina erwirbt, der eine Vorliebe für den Buchstaben Q
– quasi als Quellensittich – hat. Doch wie es so geht mit derlei
Anschaffungen: Die Kinder werden größer, gehen aus dem Haus, das
Geschenk aber bleibt. Halter und Gehaltener kommen ins Qwiegespräch
über das, was dem Dichter heute und hierzulande die Seele trübt, zum
Denken und schließlich Schreiben treibt. Obgleich er an der täglichen
Futterration nichts spürt, bleiben dem im goldenen Käfig lebenden
Tierchen nicht einmal die allgegenwärtigen Sparzwänge verborgen. Doch
ehe Sie, sehr geehrter Vogel- oder/und Biskupek-Liebhaber hinter dem
Büchlein etwas vermuten, das man nicht weiter ernst nehmen müsse,
brechen wir die den Kauf des Buches befördernde nähere inhaltliche
Erläuterung ab und verweisen ganz besonders lediglich noch auf zwei
Dinge. Zum einen auf Seite 57, wo Biskupek einem jungen deutschen
Neunazi ein starkes Stück entlarvenden Text in den Mund legt und zum
anderen auf alle Seiten, die tierisch gut zu illustrieren Ioan Cozacu
alias Nel die Möglichkeit bekam. Heinz STADE
Matthias Biskupek, "Der soziale
Wellensittich", Illustrationen: Ioan Cozacu, 2005, 80 Seiten, € 9,80
[Individuell Verlag] ISBN 3-935552-11-4