Autor im Käfig

Der Vogel von Matthias Biskupek hockt in der Schillerstraße brav im Käfig und lässt sich auf den Schnabel schauen. Höchste Zeit für eine literarische Hauptrolle. "Die grauenhafte aber erbauliche Geschichte vom Zusammenleben eines intelligenten Vogels mit einem von der Gesellschaft überforderten Autor" veröffentlichte ein kleiner Verlag mit Sinn für Bücher im Handtaschenformat. Keine Schwarte, sondern fester Einband, gutes Layout, farbige Illustrationen und Vignetten von Nel.
Der Vogel, "Kina" genannt, bringt das Biskupeksche Schreibprogramm gehörig durcheinander. Der Erzähler mit Pseudonym "Biskupek" will wissen, welche Vergangenheit der gebraucht gekaufte Wellensittich verbirgt und gelangt in die dubiose arische Kameradschaftsszene eines Herrn Quintenschlaeger. Nach diesen Ausflügen ist die Dichterey angesagt, wobei der Vogel sprachspielerisch korrigiert und diktiert.
Wer ist der bessere Autor? Das darf sich der Leser ruhig fragen zwischen Meldestelle für Bedenken und "Lebend-Getier-Show-Room". Schließlich wird Erzähler B. von "Kina" in den Edelstahlkäfig gesperrt: "Ich schaukele wie wild auf meinem miesen Plast-Ebenbild herum. Wie kann man fühlenden Wesen so eine Sexpuppe beigesellen und denken, damit sei dem Wunsch nach sozialem Verhalten Genüge getan? Und "Es quirrt und quorrt und quitschert."
Annerose Kirchner

Matthias Biskupek, "Der soziale Wellensittich", Illustrationen: Ioan Cozacu, 2005, 80 Seiten, € 9,80 [Individuell Verlag] ISBN 3-935552-11-4