Frank Quilitzsch

Jens-F. Dwars
Halbe Blüten
Aus PALMBAUM Nr. 1-2012

Kennen Sie schon die „monströsen Märchen“ von Matthias Biskupek?
Unter dem Titel Schwarz angesagt und andere bestechende Gefühle erschienen sie bereits 1989 auf nur 32 Seiten. Doch die sind oder waren mit 15 Original-Holzstichen von Karl-Georg Hirsch so grandios illustriert, dass sie zum „Schönsten Buch“ gewählt wurden, zum letzten „Schönsten Buch der DDR“.
In 250 nummerierten Exemplaren wurde es per Hand gesetzt, gedruckt, gebunden und von allen Beteiligten signiert. Wer heute das Glück hat, eines davon im Antiquariat zu entdecken, darf stolze 200 EUR dafür auf den Tisch legen. Ein angemessener Preis für meisterliche Buchkunst. Wer nicht ganz so viel ausgeben und dennoch Biskupeks märchenhafte Schwarzmalere1 lesen möchte, für den bietet NORA eine druckfrische Alternative: Der Band „Rose Schwartz und die Folgen“ vereint einen Großteil der Texte, die der Rudolstädter Satiriker seit den achtziger Jahren für Künstlerbücher verfasst hat. Quasi eine Blütenlese aus 15 Büchern, die im Original gut zwei Tausender kosten würden, für nutzerfreundliche 15 EUR.
Da lacht das Herz des preisbewussten Lesers, doch das Auge des Liebhabers schöner Bücher weint bitterliche Tränen. Denn die Blüten sind arg ausgetrocknet, so zwischen nackte Seiten gepresst, auf bloße Buchstaben reduziert, ihrer lebendigen Schönheit, ihres Duftes beraubt. Biskupek nämlich ist in seinen Künstlerbüchern ein durchaus dienender Schreiber, einer, der seinen Text in den Dienst des Gesamtkunstwerkes Buch stellt und seine „Inhalte“ nach den Formideen der Typografen und „Illustratoren“ richtet. Erst aus diesem Dreiklang von Text, Grafik und Typografie entsteht wahre Buchkunst.
Davon aber, lieber Leser, bekommst Du in diesem Buch nur eine blasse Ahnung. Ein paar Grafiken, auch ganze Seiten der ursprünglichen Bände und sogar Künstlerbrief von Hirsch an Biskupek werden zwar in der Sammeledition abgedruckt – doch allesamt so winzig, dass man zur Lupe greifen muss ... Das soll niemanden davon abhalten, die Texte zu genießen, wenn man das bei solcherart Texten sagen darf: Es sind bitterböse Satiren auf einen Zeitgeist, der sich seit zwanzig Jahren kaum zu wandeln scheint. Mit unbändiger Lust am Sprachspiel und jenem abgründigen Witz, der die Verhältnisse zum Tanzen bringt, indem er ihnen ihre eigene Melodie vorsingt.