Mordstorys und Kochkunst

Barocke Klänge von Geige und Cembalo erklangen in Wechmar

Mit Musik von Bach und Corelli sowie Texten zu Bach war Wechmar jüngst Veranstaltungsort der Thüringer Bachwochen. Aber so richtig herumgesprochen hatte sich das wohl nicht. Wechmar. Die Anzahl der Hörer war überschaubar, die von Matthias Biskupek gelesenen Texte waren so passend wie erhellend und die musikalischen Interpretationen überaus hörenswert. Zu Gast war das "Ensemble La Moresca", das eigentlich ein Duo ist: die Geigerin Claudia Hoffmann und der Cembalist Gerd Amelung. Beide dürfen für sich in Anspruch nehmen, Spezialisten auf dem Gebiet barocker Musik zu sein. Claudia Hoffmann hat sich nach dem Violinstudium intensiv mit dem Spiel der Barockvioline beschäftigt, und Gerd Amelung lehrt seit 2005 barocke Stilistik an der Weimarer Franz-Liszt-Hochschule.
Aufgelockert wurde das Konzert durch Ausschnitte aus Büchern über den großen Bach von Martin Stade und Rainer Hohberg. Damit bewies Matthias Biskupek, dass er nicht nur als mitteldeutscher Feuilletonist und Satiriker, sondern eben auch als sprachlicher Gestalter Vorzeigbares zu leisten vermag. Was angesichts der von starkem Nachhall geprägten Akustik der Kirche St. Viti gar nicht so einfach war. Mit diesem Problem hatten auch die Musiker zu kämpfen, denn selbst langsame Sätze kamen, besonders in der Violine, trotz präzise artikulierter und phrasierter Details, nur mehr oder weniger verwaschen herüber. Das fiel schon im einleitenden Largo der Sonate c-Moll für Violine und Cembalo BWV 1017 auf. Doch das muss man in Kauf nehmen, wenn man diesen musikhistorischen Ort gewählt hat. Und der Atmosphäre hat's nicht geschadet.
Beide Musiker bewiesen, dass Musik des Barockzeitalters sehr einfühlsam, ja gefühlsinnig gespielt werden kann, ohne in romantischen Schwulst zu verfallen. Das gezielte, sorgsam dosierte Vibrato jeweils am Schluss längerer Töne der Violine erfüllte seine einstige Funktion als barocke Verzierung. Virtuose Herausforderungen, wie sie besonders die Sonate op. 5 Nr. 5 g-Moll von Corelli sowohl an die Griff- als auch an die Bogentechnik stellt, bestand Claudia Hoffmann glanzvoll. Und als Gerd Amelung Bachs einzigartig kunstvolle, wahrscheinlich in der Köthener Zeit entstandene chromatische Fantasie und Fuge BWV 903 spielte, die er, der Interpret, wohl nicht grundlos, für die nachträgliche Aufzeichnung einer ausschweifenden, selbstvergessenen Improvisation Bachs hält, mutete sein Spiel leicht und ungezwungen an. So fiel gar nicht weiter auf, dass dass hier großes pianistisches Können gefragt ist.
Mit einigen von Bach vertonten Liedtexten und mit Edwin Bormanns "Hymnus an die Musiek" in sächsischem Dialekt aus dem Jahr 1888 endete der musikalisch-literarische Abend, den die Thüringer Bachwochen und der Jenaer Verein Lesezeichen gemeinsam organisiert hatten: "Unsterblich biste, Domaskanter, solang de Menschheet Fuchen spielt."

Dieter Albrecht / 07.05.11 / TA