66 und noch immer überraschend: Biskupek präsentiert Lesebuch

Kaiser von China will ich nicht sein“ Der Rudolstädter Schriftsteller und Satiriker Matthias Biskupek wird heute 65 Jahre alt
von Von Hans-Jürgen Döring, Thüringer Allgemeine vom 22.10.2015

Rudolstadt. Meine erste Begegnung mit Matthias Biskupek war im Oktober 1971. Auf dem Weg zum Zirkel schreibender Studenten in Magdeburg traf ich einen 1,80 Meter langen Kybernetikstudenten mit schwarzen Haaren, großer Brille und wachen Augen. Matthias schrieb damals vor allem Gedichte. Ich erinnere mich noch an Titel wie „Meinen Freunden in Treibhaus“ oder „Mädchen mit den großen Brillengläsern“.
Ein gemeinsamer Literaturnachmittag wurde ein mittleres Desaster. Wir lasen mit feuchten Händen und trockenen Zungen unsere Geschichten und Gedichte. Als wir zur Diskussion aufforderten, gab es „gewichtige“ Wortmeldungen der Hochschullehrer, während die Studenten verschüchtert dasaßen und sich ärgerten, geblieben zu sein. Bald trennten sich unsere Wege.
Matthias wurde Regieassistent, später Dramaturg in Rudolstadt, betreute Programme im Geraer Kabarett „Fettnäpfchen“, um dann freischaffender Schriftsteller zu werden. Schon zu Beginn seines literarischen Lebens war er die personifizierte „Meldestelle für Bedenken“. Später erfand er das „Fremdgehverkehrsamt“ und berichtete vom unaufhaltsamen Aufstieg eines Staatsbürgers sächsischer Nationalität, dem „Quotensachsen“. Und nicht nur seine „Streifzüge durch den Thüringer Kräutergarten“ verdeutlichen, der Dichter vertraut der „Strahlkraft der Provinz“, er ist verwurzelt sowohl im Sächsischen als auch im Thüringischen.
Für ihn beginnt „die weite Welt im Garten vor der Haustür“. Matthias Biskupek ist ein Vielschreiber im besten Sinne. Er ist großartiger Verfasser kritischer und scharfzüngiger Satiren, Autor wohlbedachter und blitzgescheiter Essays, kontinuierlicher Zuarbeiter für den Rundfunk.
Ich gebe es unumwunden zu, meine Lieblingsbücher sind die bibliophilen Pressedrucke. „Förmlich“ rieche ich das Papier und die Druckfarben. Dieser gleichberechtigte Dreiklang von Text, Grafik und Typografie ist wohl wahre Buchkunst. Hier fand ich auch das für mich größte Kleinod Biskupekscher Dichtkunst:

Kaiser von China
Will ich nicht sein
Höchstens Hofnärrlein
Mit Holzbein
Sägemehl draus klopfen
Kaiser ausstopfen.

An dieser Stelle wird das Credo des Dichters deutlich: Dinge beim Namen nennen und in einen sprachartistischen Diskurs stellen. Matthias Biskupek versteht es, wie Karl Kraus sagte, die Dinge und Worte solange anzublicken, bis sie zurückblicken und einen neuen Sinn enthalten. Er beherrscht das Regelwerk der Komplizenschaft zwischen Ernst und Unernst, zwischen Sinn und Nichtsinn.
Vielleicht sitzt der Jubilar in diesem Augenblick im Café Central der Mozartstadt, trinkt einen Einspänner und holt sich dabei auch Inspiration von Peter Altenberg, Anton Kuh oder Alfred Polgar. Vielleicht genießt er aber auch nur die Aura des Literatencafés.
Wie auch immer: Nach seiner „kleinen Auszeit“ sehen wir uns am 28. Oktober in der Stadtbibliothek Rudolstadt. „Und denn ward aufgewurzlt, dass de Heide wacklt.“ Horrido, Matthias!