Wir haben es kommen sehen.
Seit Jahren baumelte dieser Vogelbauer in der Wohnung unseres verehrten
Kollegen, des Rudolstädter Schriftstellers Matthias B., und immer wenn
wir ihn besuchten, mischte sich das freche Federvieh in unsere
Unterhaltung: Quödeldödel! krächzte es und: Quotenquatsch! Jedesmal
entschuldigte sich der Herr B. für seinen sittenlosen Sittich. Kina,
pflegte er zu sagen, bin ich hier der Hausdichter oder du? Worauf der
Sittich respektlos erwiderte: Klitschkloß! Kleinteiltexter! Herr B.
warf dann das Handtuch über den Käfig, und für eine Weile herrschte
Ruhe im Bau. Doch die Vorzeichen häuften sich. Wir haben uns über
dramatische Veränderungen gewundert, in der Physiognomie wie auch in
der Handschrift des Autors, doch wir haben nichts dagegen unternommen.
Nun haben wir den Salat. Herr B. hat seine "grauenhafte aber erbauliche
Geschichte vom Zusammenleben eines intelligenten Vogels mit einem von
der Gesellschaft permanent überforderten Schriftsteller" zu Papier
gebracht und sogar einen Verlag dafür gefunden, eine dynamische
Eine-Frau-Agentur. TLZ-Karikaturist Nel (Pseudonym "Cozacu") hat
köstliche Farbillustrationen und Schwarz-weiß-Vignetten beigesteuert.
Alles wegen der Q
Die Geschichte - der Autor verliert die Kontrolle über seinen Vogel und
tauscht zwangsweise mit ihm die Identität - ist fantastisch, doch ihre
Ausführung geriet, mit Verlaub, ein wenig körnig. Eben gar nicht
"kompromißlos, knackig, biskupeksch", wie es im Text lautet. "Biskupek"
sei auch nur ein Pseudonym, werden wir vom Erzähler belehrt. Biskupek
hat seinen Wellensittich vom Vogelhändler seines Vertrauens "gebraucht"
erworben, und nun versucht er herauszufinden, wo Kina zuvor hauste. Die
Spur führt ins rechtsradikale Milieu, zu den Kameradschaftstreffen
eines gewissen Quintenschlaeger, wo der Vogel, ein Exot unter Ariern,
aufmüpfig Zivilcourage bewiesen hat.
Spannender als das erzählerische Konstrukt erscheint uns die Frage, wer
den Text verzapft hat? Biskupek oder sein Vogel?
Ornithologisch-orthografisch ist das Werk einwandfrei. Aber stilistisch
... "Meine Kinder nahmen das zum Anlaß, mir kraftvoll mitzuteilen, daß
ich mich nicht wundern solle, wenn ich eines Morgens mit einem Messer
im Rücken erwachte." Wir wundern uns, dass die kleinen Kraftpakete im
Chor sprechen. "Sie sind schlaksig", teilt der Verfasser weiter mit,
"überragen mich um viele Haaresbreiten und sind zum Teil (!) weiblich."
Zwitter also. Oder Zwitscher? Am Ende der Geschichte erfährt der Leser
noch, dass die Kinder "auf ihren Karriereleitern immer schneller
vorwärts (!) eilen".
Darf ein Kritiker an einem Werk herumkritteln, in welchem er (Seite 61
unten) als "berühmter Landeszeitungs-Redakteur" erwähnt wird?
Namentlich und mit Titel! Noch vor seinem OTZ-Kollegen Querengässer!
(Freilich alles nur wegen der Q) Trotzdem, er muss! Noch manch Anderes
müssten wir dem bedauernswerten Vogelopfer um den Schnabel fetzen, dass
es quirrt, quorrt und quitschert. Aber im Buch gibt´s ja auch schöne
Sätze. Als Biskupek zum bitteren Ende von Kina gepackt und in den
Edelstahlkäfig gesperrt wird, heißt es: "Ich schaukele wie wild auf den
Wackelhölzchen und hacke auf meinem miesen Plast-Ebenbild herum. Wie
kann man fühlenden Wesen so eine Sexpuppe beigesellen und denken, damit
sei dem Wunsch nach sozialem Verhalten Genüge getan?"
Verquorrene Fragen. Quödeldödel. Quitschquatsch.