Blatt für Klaus Fiedler
von Matthias Biskupek

Theaterleute fallen auf. Klaus Fiedler, ein schwarzlockiges Energiebündel, fiel auf, als er 1976 ans Theater Rudolstadt zum Oberspielleiter Schauspiel berufen wurde. Mit ihm kam eine Truppe von Absolventen der Schauspielschule Rostock, weitere Schauspieler und Regisseure waren ebenfalls seinem Programm verfallen: Theater als Vergnügen und politisches Programm, als Kritik an bestehenden Verhältnissen und als utopischer Bühnenversuch. Der Kulturlenker waren zunächst angetan, die Schauspieltruppe machte mit Spektakel-Veranstaltungen und aktueller polnischer Dramatik von sich reden, weit über die Provinz hinaus. Der zunächst nur für Fiedler geplante Bezirkskunstpreis wurde 1978 an das gesamte Ensemble vergeben.>br> Doch schnell regten sich die geheimen und öffentlichen Organe. 1979 war Schluss mit lustig, Fiedler und seine Leute verließen zähneknirschend das Haus. Fiedler bekam nie wieder ein leitende Theaterfunktion, machte aber weiter von sich reden, als Dozent und Regisseur von Berlin bis Annaberg, zeitweise auch als Nachtpförtner und Gefängnisinsasse.
Der Berliner Fiedler, am 3. Juli 1938 geboren, lernte kartografischer Zeichner, war Theaterstudent (exmatrikuliert), Bühnentechniker und Eleve in Berlin, Quedlinburg und Freiberg, und galt später in Leipzig als des Generalintendanten Karl Kayser wilder junger Mann.
Als die Welt sich öffnete, Fiedler Angebote auch nach Italien bekam, wurde ein Hirntumor diagnostiziert. In jenen Zeiten war Krankenversicherung für ihn ein Fremdwort; in seinem Theater-Osten gab es Benefiz-Veranstaltungen für ihn. Mit Blessuren, leicht sprachgestört, aber immer noch voll blitzender Einfälle, kam er wieder zu Kräften, lebte in Berlin dort, wo der Osten und der Westen sich berühren, arbeitete als Schauspieldozent, inszenierte gelegentlich an off-Theatern, auch in Sri Lanka, und kam 2009 zur „Sprungbrett“-Veranstaltung, quasi einem Theater-Klassentreffen, an seine alte Wirkungsstätte nach Rudolstadt, gemeinsam mit Mitstreitern jener Endsiebziger: Herbert Olschok, Günter Zschäckel, Bärbel Röhl oder Christina Emig-Könnig.
Fiedler regte Künstler und Schriftsteller an, so Barbara Thalheim in „Mugge“; Ingo Schulze setzte ihm im Roman „Neue Leben“ ein Denkmal, auch der Autor dieser Zeilen hat im Roman „Eine moralische Anstalt“ dieses auffallenden Theatermannes gedacht. Ein MDR-Radiofeature über seine Rudolstädter Zeit hieß „Es war immer wie Fest“.
Am kommenden Freitag wollte er in der Berliner Compagnie in Kreuzberg seinen 75. Geburtstag feiern. Vergangene Woche kam die Nachricht von seiner Einlieferung ins Köpenicker Krankenhaus. Am 30. Juni ist er dort gestorben.