Schlaglichter-Geschichte(n)

Jens-F. Dwars

Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Wenn aber jemand permanent lustig sein will, obwohl oder weil die Verhältnisse, die er beschreibt, zum Heulen sind, dann stimmt mich das traurig. So geht es mir mit dem Buch von Matthias Biskupek, das die zwei Jahrzehnte seit der Wende, also 20 Jahre Wiedervereinigung, in Schlaglichtern zu erzählen versucht.
Vielleicht ist das schon die Crux des Unternehmens: Schlagzeilen ist der Leser aus Tageszeitungen gewohnt und hat ihnen zu misstrauen gelernt, eben weil da Nachrichten – in Köpfe – eingehämmert werden.
Auch Schlaglichter haben etwas Aggressives: ein grelles, scharf begrenztes Licht im Dunkeln. In diesem Fall sind es Momentaufnahmen, die aus dem Dunkel des Vergessens aufblitzen. Zunächst Fotografien, zumeist Farbbilder aus Illustrierten, die der Verlag zur Illustration der 20 Jahre ausgewählt hat, während der Autor Geschichten zu dieser Geschichte in Bildern erzählt. Das überzeugt, wo es sich um wirkliche Storys handelt, wie die vom "König von Leipzig" - dem Baulöwen Jürgen Schneider – oder das Märchen, wie Rötkäppchen einst Mumm geschluckt hat. Oft aber kommt die Moral, der sarkastisch zugespitzte Kommentar, schon vor der Geschicht, so dass sich das Erzählen ins Räsonnieren verliert. Da wird das groteske Ende eines "Staatsmanns ohne Staat", die Flucht Erich Honeckers vor dem eigenen Volk, zerredet, statt dessen Tragikomik spürbar zu machen.
Der Teufel steckt im Detail. M.B. zieriert Brecht: "Ich bin nicht gern, wo ich herkomme. / Ich bin nicht gern, wo ich hinfahre. / Warum sehe ich den Radwechsel / Mit Ungeduld?" und folgert, die Deutschen seien offenbar gern unterwegs und bräuchten dafür die Autobahn. B.B. aber hatte den Kurswechsel nach dem 17. Juni 1953 im Sinn. Auch witzig gemeinte Bezüge müssen stimmen, sonst werden sie peinlich. Das gilt ebenso für Bildunterschriften: "Intershop" in Jena wird als Erfolgsgeschichte verbucht – ohne dessen Absturz im IT-Crash nur zu erwähnen. Stimmen schon manche Details nicht, darf man umso weniger nach dem Ganzen fragen: Was ist das für eine Zeit, die vergangenen zwei Jahrzehnte, als Zeit, als Epoche? Die Momentaufnahmen hätten als Collage oder Puzzle ein Ganzes ergeben können. Doch leider bleibt es bei witzig grellen Schlaglichtern, die uns ratlos im Dunkeln lassen.


Matthias Biskupek: Das Glück des richtigen Geldes und weitere Schlaglichter aus zwei Jahrzehnten seit der Wende. Sutton-Verlag, Erfurt, 128 S. mit zahlr., zum Teil doppelseit. Abb., 24.90 Euro