VHeimatgeschichten: Biskupeks Kräutergartenstreifzüge
Von Anne Gallinat

"Die weite Welt beginnt im Garten vor der Haustür." So lautet der erste Satz in Matthias Biskupeks neuem Buch "Streifzüge durch den Thüringer Kräutergarten", einem Bild-Text-Band, der soeben im Verlag Faber & Faber erschienen ist. Biskupeks Weg in die Welt führt ein Stückchen über das kleine Hausgärtchen hinaus, in die Thüringer Kräutergarten genannte Region zwischen Rennsteig und Saale. Und siehe da: die Welt zeigt sich naturig-urig.
Wir erleben im Buche ein wildwachsendes und kraftvoll wucherndes Durcheinander, wie es die Natur nicht besser hergibt. Am Wegesrand findet sich so manches über Kräuterweisheit und -historie, über alte Kräuterwege und neue Kräuterfrauen, über Kräuterschnäpse und allerlei Bewandtnisse, gegen die leider immer noch kein Kraut gewachsen ist. Auf den Streifzügen durchs Kräuterland ist man kein einsamer Wanderer. So gibt es Begegnungen mit Individuen, deren kräuterndes Leben und Weben längst in ferner Märchenzeit entschwunden schien. Und hie und da einen Wortwechsel mit Heutigen, die sich der "Kräuterei" bis jetzt und immer noch verschrieben haben. Lehrreich-Vergnügliches ist zu erfahren: von Wegen und Treiben der Thüringer Olitätenhändler, die in ihrem Reff das Leben im eigentlichen Sinne in die Welt hinaus transportierten, vom unbestrittenen Sättigungsgrad des Himmelsbrotes und warum man Querlichen keine Mützen schenken darf, vom tragischen Handikap der Hanghühner und rassereinen Rasselböcken, die vom "türkischen Ülmtülp" und anderem ausländischen Gelichter überlaufen werden. Friedrich Adolph Richter, Begründer der Ankerwerke zu Rudolstadt, lehrt, wie man unfehlbar reich wird. Das Rezept des Fröbelkuchens jedoch bleibt geheim. Last but not least: Wir können uns glücklich schätzen, dass Matthias Biskupeks Buch nicht an der größten Biertafel der Welt, die vor nicht allzulanger Zeit in Bad Blankenburg zu finden war, entstanden ist. Denn selbst ein wortgewandter Dichter kann beim Biertafeln schon einmal die Fähigkeit des Sprechens verlieren ...
Was wäre eine Kräuterwanderung ohne die entsprechenden Ausblicke, Bilder, die man in sich aufnimmt und nach Hause trägt? Historische und neue Fotos, Karikaturen, alte Stiche und Kräutergrafiken beleben den Wildwuchs der Texte. Doch manchmal scheinen die Bilder sich auf Irrpfaden zu verlieren oder liegen als überraschende Stolpersteinchen störend mitten im Weg, nein, im Text.
Wer aber etwas über Thüringer Heimatgeschichte erfahren will, nicht trocken-belehrend, sondern sinnlich, heiter und kraftvoll, wird mit Spaß Biksupeks Streifzügen in die weite Welt vor der Haustür folgen.