Effektive Weltsprache
von Matthias Biskupek

Europa sagt Non, Nee, Nie und Ei. Das ist schon das Problem. Warum kann man nicht mit einer Zunge No sagen? Obwohl das auch wieder das Problem ist: No wird so ausgesprochen, wie es geschrieben steht – eine der ganz seltenen Erscheinungen in unserer neuen Weltsprache. Bachelor wird zum Beispiel Bachelor geschrieben und man ist an ein Gewässer mit vier Buchstaben, ein weibliches Wildtier und eine etwas verkürzte schienengebundene Transporteinrichtung erinnert. Gesprochen heißt der Bachelor Bätschlär, weil moderne Aussprache an Vokalen nur das Ä in verschiedenen Abstufungen kennt.
Also müßte No eigentlich Nää ausgesprochen werden, das aber ist der authentische Kommentar ruhrpöttischer Hartz-IV-Empfänger für alles und als solcher weltweit ungeeignet.
Nehmen wir zum Beispiel die grauenhaft unmoderne italienische Sprache. Der Chef klingt voll und klar als Padrone, klein und spitz zwickt es pizzicotto und statt immer wieder eins und eins zusammenzuzählen vereint der Italiener große Weltorganisationen: Uno et Uno. Dumpfes Grummeln und volles Rollen. Alle Klänge werden im Italienischen ausgeschöpft: die italienische Familie von Madre und Bambini, mit ihren Uomini und Ragazzi haben Platz für alle Buchstaben der Welt und denken gar nicht daran, sie anders auszusprechen, als hingeschrieben: eine absolut verschwenderische, also uneffektive, weil Äh-arme Sprache.
Auch in frostreicheren Gegenden, von denen der Uninformierte meint, dass man dort mit zusammengekniffenem Munde nuschelt, werden alle Buchstaben gesagt fast wie gedruckt. Die Eesti Vabarik ist die estnische Republik, die wir Ehsti Wabarick aussprechen dürfen, weil deutsche Pastoren diese Sprache zur Lutherzeit so transkribierten, dass keinem Deutschen ein A für ein Äh vorgemacht werden kann. Wir Deutschen heißen dort Saksa, nach dem beliebtesten deutschen Volksstamm. Sprächen wir das Finno-Ugrische modern aus, müßten wir uns als säks oder ssex bezeichnen – aber wäre die Welt bereit, deutsch als sexy zu empfinden? Ssä länd of Nääsis, ssä Änkel of Ädolf --- sexy? Non, Nee, Nie, Ei, Njet und Nem, wobei letzteres sohasem heißen sollte, ausgesprochen schohaschem wie uns das útiszótár (ungarisches Reisewörterbuch, Budapest, 1979) verrät. Ungarn müssen nämlich zischlautlich immer aus der Reihe tanzen. Doch wo bleibt im Ungarischen das Äh? Die kennen nur Öhs, wenn sie nach Ößböstöck rufen. Nein, nein und nochmals nein -Wichtige Weltsentenzen werden allein durch Ähs verbunden: Säddäm Hssäin häs wäppns, ätmär wäppns. Auch im Englischen gibt es viel zu wenig Ähs. Wer einmal in Manchester war, weiß, das ein echter (authentic) Manchester-Kapitalist niemals Mänchästr sagt, wie Englischlehrer glauben, sondern Maahnschestr.
Hingegen spricht ein türkisch-schwarzafrikanischer Inder, also ein Mensch, der zu unserer Europäischen Union der Neinsager endlich Ja sagen will: Jess Sörrr, satts werrri gudd.
Wer für eine Zustimmungserklärung in geordneter Reihenfolge die Vokale e, ö, a, e, i und u benötigt, und stundenlang sein rr rollen läßt wie ein polnischer Schlachtschitz, ist noch nicht reif für ein Gemeinschaft der Effektiv-Sprecher. Der wird seinen Bätschlär nie anerkannt kriegen, mag er den auch in Härwärd gemacht haben. Bästä!