Protokolle, Strafarbeiten u.a.

Feixen und Staunen
Feixen und Staunen

Ein bisschen hat’s gedauert bis zu Matthias Biskupeks erstem Gedichtband, obwohl Gedichte, Lieder und Sprüche seit jeher zur Spielform und literarisch-knurrigen Spielwiese des Rudolstädters und Teilzeitberliners gehören: mit Dichters Fluch legt der frisch vom Status des ‚Rentnerlehrlings‘ (so der Titel des zweiten Jubilate-Bands zu seinem 65. Geburtstag) in den vierten Aggregatzustand Gewechselte sein reguläres lyrisches Debüt vor. Dass es für einen solchen Auftakt nie zu spät sein mag, führte der hallesche Dichter Wilhelm Bartsch vor, der kurz vor seinem 60. einen furiosen Einstand als Romancier hatte, dem bis heute zwei weitere Großtexte folgten. Wer hingegen Biskupeks täglichen Eintrag auf seiner Webseite verfolgt und seine dort immer wieder auftauchenden Verseinlassungen regelmäßig genießt, dürfte mithin auch auf eine Sammlung lyrischer Lautungen zur Lage der Nation oder eben beim „Bösen Wirt“ in der Rudolstädter Schillerstraße kommen, die durchaus den Umfang eines Romans in Reimen und Knorzigkeiten beisammenhaben. Nun also die kleine, feine und nicht zuletzt dank eines Sonderbands in der nun langsam in den Ruch einer verlegerischen Legende geratenden Edition Ornament augenstreichelnde Auswahl Jens-Fietje Dwars’, mit drei der herrlichen Voigtmanns angefeinert: 33 Gedichte und umliegende Dörfer, zuweilen gemeindefreie Zeilensprünge, die sich über den weiten Raum von vier Jahrzehnten aus der Tiefe des Raumes Gehör verschaffen. Man findet Oden (!) und zart-brachiale Miniatüren darin, auch einiges Epopöenhaftes, vor allem aber eben diesen typisch verschmitzt-unbeirrbaren Biskupek-Sound, der für die weiträumige Gelesenheit dieses thüringischen Sachsen gesorgt hat und gleichsam unbeirrbar sorgt.
Die Staatsjagd kriegt den Arsch voll, das Gesocks, das auf Schulhöfen CDs mit rechtem Gebrüll verteilt; aber auch die Schlafmützen, die sich auf Gelis Regierungsbank das Rückgrat ins Stützkorsett sitzen, oder aufwendige Protokolle, die dem letzten Redner gut zureden, auch wenn sein Beitrag in brodelndem Beifall versackt. Und die Strafarbeit, die unser Autor in Bezug auf die alte „Unrechtsrepublik“ (für die Nachgeborenen: eine ominöser Schrebergarten namens DDR) zu leisten hat, geht ans Herze und den Solarplexus: „Sollte ich mich wohlgefühlt haben, entschuldige ich mich.“ Sage einer, sie leiden nicht, die Dichter.
Ein famoses Büchel, das als Novum dieses literarischen Tausendsassas auf uns kommt, uns die zarte Ehre des Feixen-Dürfens und Staunens erweist.