Lesen? Nicht ohne Schürze!

Ein Autor von Weltrang zu Beginn, ein Poetry Slam zum Finale. Von Tschingis Aitmatow bis Felix Römer, dazwischen Petra Gerster, Emma Braslavsky, Desiree Nick, Manfred Gebhardt und ein Thüringer Autorentrio. Das Aufgebot der "Erfurter Herbstlese im Frühling" lässt sich in wenigen Zeilen buchstabieren, aber das könnte schon im nächsten Jahr schwierig werden. ERFURT. Die Resonanz auf den ersten März-Ableger des größten Thüringer Lesefestes war derart groß, dass sich die Herbstlese-Initiatoren zu einem Ausbau ermutigt sehen dürften. Dass die sieben Lesungen allesamt gut besucht bis ausverkauft waren, hat viel mit einem Konzept zu tun, das ausdrücklich auf Kontrast abzielt. Exemplarisch hierfür der Titel der Veranstaltung mit Matthias Biskupek, Birgit Bonk und Ulf Annel: Mord zwischen Klüeß und Knölla, Hütes und Hebes. Ein kurzweiliger Abend mit Leichen im Keller und einheimischen Leckereien auf dem Herd. Kurzkrimis, garniert mit kulinarischen Spezialitäten. Den optischen Höhepunkt setzte Matthias Biskupek, der sich mit einer Kittelschürze bekleidete, bevor er sein mit Saalfelder Detschern gespicktes Beziehungsdrama vortrug. Köstlich. Als jedoch wenig später Ulf Annel anhob, den Geschmacksunterschied zwischen traditionell zubereiteten und industriell gefertigten Thüringer Klößen einzuebnen, wurde es noch mal kriminell eng im TA-Cafe bei Buch Habel. Doch Gemütsmensch Annel lenkte ein und konnte den Kehraus des Hausmeisters gerade noch abwenden. Denn auch wenn beim Herbstlese-Extra im Frühling fast alles geht: Der Thüringer Kloß darf keinen Schaden nehmen.

Michael JOHN