Ein freundlicher Spötter

Matthias Biskupek wird heute 70

Systemanalytiker war seine erste Berufsbezeichnung. Bei einem belesenen jungen Mann und wachen Zeitgenossen, wie Matthias Biskupek, machte der Begriff Systemanalyse vor allem Funktionsträger in DDR-Jahren skeptisch. Bereits mit Anfang 20 konnte er auf Veröffentlichungen verweisen. Aber zunächst war er nach dem Studium der Kybernetik an der TH Magdeburg 1973 erst einmal Systemanalytiker im Chemiefaserkombinat Schwarza bei Rudolstadt. Er sollte der DDR-Wirtschaft auf die Sprünge helfen. Doch seine Leidenschaft war eine andere.
1976 wechselte Matthias Biskupek zum Rudolstädter Theater, war als Regieassistent engagiert, übte nahezu alle Tätigkeiten aus, die für einen Bühnenbetrieb nötig sind. Die Hauptrolle hat er aber immer am Schreibtisch gegeben, auch als Dramaturg und Texter beim Geraer Kabarett „Fettnäppchen“ zwischen 1979 bis 1983. Er schrieb freiberuflich Romane, Geschichten, Kabaretttexte, Feuilletons und Features und mit großer Leidenschaft bibliophile Bücher. Heute feiert Matthias Biskupek seinen er 70. Geburtstag. Wenn der freundliche Spötter erzählt, ob gesprochen oder geschrieben, geschieht das beiläufig und immer unspektakulär. Seine Kritiken für die „Weltbühne“, aus dem „Ossietzky“ wurde und für den „Eulenspielgel“, für den er über 30 Jahre eine Buchkolumne geschrieben hat, brachten ihm große Popularität ein.
Stipendien hat Matthias Biskupek erhalten, er war Kreisschreiber im Saarland, hatte und hat Ämter und Ehrenämter inne. Sein ausdauerndstes Projekt ist sein Tagebuch im Netz, für das er täglich Schätze aus seiner kulturellen Erfahrung hebt. Stück um Stück fügt er ein ganzes Weltbild zusammen, kurz und knapp, verspielt, genau beobachtet, zuweilen grundsätzlich, aber zornig nur selten. Ein freundlicher Spötter halt, der für einen Moment seine Welt mit anderen teilt.

Harald Pfeifer, Leipziger Volkszeitung, 22.10.2020